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Dienstag, 22. September 2015

Guck mal biometrisch

Wir wollen verreisen - ja, ganz genau, mit einem Baby. Bevor man aber auch nur annähernd an Flug oder den Urlaub überhaupt denken kann, gilt es einige Hürden zu überwinden. Im Hinterkopf schreibe ich schon Notizen, was ich alles für eine knappe Woche mitnehmen muss: einen gefühlten Jahresvorrat an Windeln und Feuchttüchern (letzteres werde ich nach Abschluss der Familienplanung aus meinem Wortschatz streichen), einen Koffer mit Bodys und Babykram, dazu Kinderwagen, Manduca,... Hoffentlich ist es ein Airbus A380. Doch das Wichtigste darf man nicht vergessen: den Kinderreisepass. Während meine Geschwister und ich einst noch bequem im Ausweisdokument unserer Eltern mitreisten, braucht unser Sommerspross einen eigenen Ausweis. Rechtzeitig (wirklich!) kümmere ich Vorzeigemutti mich um alles, was gebraucht wird. Der Freund und Helfer dabei ist eine bekannte Suchmaschine mit bunten Buchstaben. Benötigt wird:
-  das Kind
- Pässe von Mutti und Papa
- Geburtsurkunde
- eine Vollmacht vom Ehemann (während ich einen auf Elternzeit mache, geht er nämlich arbeiten und ist morgens nicht im Bürgerbüro anzutreffen). Darin bescheinigt er mir, dass ich den Pass von Söhnchen beantragen darf
- EC-Karte (falls ich es wieder nicht schaffe, beim Geldinstitut meines Vertrauens die verlangten 13 Euro abzuheben)
- und last but not least: ein biometrisches Foto vom Sommerspross! Soll heißen: eines dieser grausamen Fotos, die einen so aussehen lassen, als sei man ein Verbrecher. Also, Pelle guck mal so, als ob du uns wieder eine Nacht geklaut hättest. Oder die Kasse der Milchbar geplündert. Oder Zielpinkeln von der Wickelkommode veranstaltet. Oder... oder... oder
Wir besuchen das Fotostudio unseres Vertrauens, um das gewünschte Foto machen zu lassen. Bei der Fotografin ist der Sommerspross eingeschlafen. Sie macht den Hampelmann, tanzt, schnippst mit den Fingern und bezirct ihn. Damit hat sie Erfolg. Er wacht auf und will sich gleich über die unliebsame Störung beschweren. Kurz bevor er anfängt zu brüllen, reißt er die Augen auf, guckt biometrisch und schwupps - haben wir das Foto. Perfekt. Es sieht nicht nach meinem Kind aus, aber gut... Der lebensechte Sohnemann teilt auch laut und deutlich mit, dass ihm die Fotografierei auf den Keks geht. Oder auf die Windel. Jedenfalls hat er keine Lust auf weitere Bilder und setzt zum Urschrei an. Schnell weg und weiter...
Nächste Station: Bürgerbüro. Die gewünschten Unterlagen werden geprüft, auch ob das anwesende Baby dem Baby auf dem Foto entspricht. Unterschreiben muss er noch nicht. Dabei hätte er doch einen Fußabdruck machen können. Vielleicht mit bunter Stempelfarbe? So wie wir früher beim Kartoffeldruck. Nebenbei gibt es Informationen von der Beamtin. Wenn das Baby sich verändert, brauchen wir ein neues Bild. Hm, heißt das, wir müssen nächste Woche wieder hin? Jedenfalls kann unser Sprössling sich jetzt ausweisen, wenn er in eine Fahrzeug-, Drogen- oder Alkoholkontrolle kommt. Man weiß ja nie...

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