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Dienstag, 15. September 2015

Rettet die Hebammen - ein offener Brief


 Soviel Ignoranz schreit nach Protest - und ich, Fenja, habe im Juli einen Brief an den GKV-Spitzenverband geschrieben. Übrigens kam keine Antwort...



Sehr geehrte Damen und Herren,
die Aussage „Freiberufliche Hebammen? Brauchen wir nicht“ von Ann Marini löst in mir pures Entsetzen aus. Nein, noch viel mehr, Verzweiflung, Bestürzung und die Frage, was machen denn all die Mütter, die nach der Entbindung ihres Kindes mit Problemen dastehen? Und die Väter, die gerne helfen möchten, aber nicht wissen, wie sie bei einer Brustwarzenentzündung vorgehen sollen? Oder wie sie helfen können, dass es mit dem Stillen klappt? Ein Baby ist kein Haustier, dem man einen Fressnapf vor die Nase stellt, mehrmals täglich Gassi geht, das Katzenklo leert oder den Hamsterkäfig von den kleinen Kötteln befreit. Ein Baby benötigt weit mehr Beachtung – und glauben Sie mir, ich habe Katzenbabys aufgezogen. Allein das war schon eine Herausforderung. Jetzt bin ich in der 38. Schwangerschaftswoche und die Entbindung rückt immer näher. Ich habe eine Hebamme und bin sehr froh darüber. Bis ich sie gefunden habe, musste ich jedoch viele Anrufe tätigen, Absagen kassieren – und da war ich in der 10. Ssw. Ohne die Hebamme würden nach der Geburt einige Fragen offen bleiben. Wie legt man das Kind richtig an? Oh ja, natürlich, im Krankenhaus bekommt man sicherlich wertvolle Tipps. Aber aus dem Krankenhaus wird man auch wieder entlassen – und dann? Wenn Frau Marini sagt, wir brauchen die freiberuflichen Hebammen nicht, wer unterstützt uns Mütter und junge Familien dann? Leider weiß ich nicht, wie viele schwangere Patientinnen derzeit die Praxis meiner Frauenärztin aufsuchen und zur gleichen Zeit wie ich entbinden. Was ist, wenn all diese Mütter dann mit ihren Fragen nach Geburt die Praxis stürmen? Und jede einzelne von ihnen mehrmals zwei Stunden kommt und möchte, dass ihr gezeigt wird, wie man das Baby anlegt. Wie man es badet. Die entzündete Brustwarzen haben, rot, blutig, wund. Das ist nur das, was Frauen nach der Entbindung brauchen. Die Zeit der Schwangerschaft selbst habe ich noch gar nicht mitgerechnet. Ich denke, wenn es einen 48-Stunden-Tag gibt und eine Zehn-Tage-Woche, dann wäre es möglich, dass unsere Frauenärzte den Frauen zu helfen. Andere Patientinnen, die zur Vorsorge kommen oder vielleicht sogar Unterleibskrankheiten haben, bleiben dann natürlich auf der Strecke.
Vielleicht ist es aber auch möglich, dass die Krankenkassen und die Politiker uns Müttern und Familien helfen. Dann besuchen sie uns zuhause – oder auch schon vor der Geburt. Sie hören den Bauch nach Kindsgeräuschen ab, haben wertvolle Tipps gegen Übelkeit, Erbrechen, Wasser in den Beinen oder Schwangerschaftsdiabetes parat.
Man könnte aber auch einfach den unkomplizierten Weg beschreiten und die freiberuflichen Hebammen in ihrem Tun unterstützen, fördern und sie vor allem für die immense Verantwortung, die sie tragen, belohnen.
Wir brauchen unsere freiberuflichen Hebammen!!!!
Mit freundlichen Grüßen
Fenja Sommer

1 Kommentar:

  1. Liebe Fenja,
    ich kann dir nur zustimmen: Hebammen sind unersetzlich.
    Ich habe mich zunächst sehr auf meine Frauenärztin verlassen und mir keine Gedanken über Hebamme, Geburtsvorbereitung und die Zeit nach der Geburt gemacht. Das käme später, es hätte alles noch Zeit bis zum letzten Drittel der Schwangerschaft war die übliche Aussage. Und meine Befürchtung eventuell keine Hebamme zu finden wurden weitestgehend ignoriert. Nicht falsch verstehen, an sich fühlte ich mich bei meiner Ärztin gut aufgehoben.
    Ich hatte wahnsinniges Glück und habe für Schwangerenverhältnisse sehr spät noch eine Hebamme gefunden. Meine Hebamme hiess Ute und machte direkt beim ersten Treffen einen sehr netten Eindruck. Ihre offene Art machte es mir leicht Vertrauen zu ihr zu fassen. Es gab keine doofen Fragen, sie hatte ein offene Ohr und auch bei Kleinigkeiten immer zur Stelle.
    Geburtsvorbereitung und Nachsorge waren top! Richtig zu schätzen gelernt habe ich sie erst später. Ute bot jeden Montag einen Lauftreff an. Voraussetzung das Wetter spielt mit. 5 € hat die Teilnahme pro Treffen gekostet. Man mag nun denken, sie wolle sich noch an den armen Müttern und ihren Problemen bereichern. Ich muss sagen, die 5 € habe ich gerne bezahlt und waren mir jeden Lauftreff wert. Es ging dabei um so viel mehr als nur zusammen spazieren zu gehen. Lauftreff klingt so sportlich, es war eine Mischung aus gemütlichem Kinderwagenschieben, Quatschen und ein bisschen Gymnastik. Doch genau diese Mischung war das, was ich noch brauchte. Mit dem Kind gab es so generell keine Schwierigkeiten oder Probleme oder gar etwas was einen Arzt erforderte. Aber immer mal wieder gab es Situationen, in denen sich kleinere oder grössere Unsicherheiten breit machten: Das Kind mag den Abendbrei nicht, starrt aber gierig auf das Butterbrot. Darf ich ihm das geben? Oder wird es sich wie Schneewittchen am Apfel verschlucken und umfallen....
    In dieser lockeren und zugleich familiären Runde war sie für uns alle da. Manches konnte in grosser Runde besprochen werden. Aber auch für jede von uns hatte sie Zeit, wenn man das vertrauliche Gespräch suchte.

    Wirklich dringend brauchte ich sie als es ans Abstillen ging. Eigentlich wollte ich es langsam angehen lassen. So wie es empfohlen wird. Leider wurde nichts draus und es musste mehr oder weniger über Nacht gehen. Ich bin beinahe die Wände hochgegangen vor Schmerzen. Es genügte 1 Anruf und sie war zur Stelle. Sie hat mir gesagt, was ich tun sollte, welche Globuli ich nehmen könnte und mich darauf vorbereitet, was emotional auf mich zu kommen könnte. Jeden Tag erkundigte sie sich per SMS nach mir. Auch als sie über’s Wochenende auf einer Fortbildung war, jeden Abend wollte sie wissen wie es mir ging, körperlich und seelisch.
    Und auch jetzt, wo das Kind über 1 Jahr alt ist und ich nicht mehr zum Lauftreff gehe, weiss ich, dass ich mich immer wieder bei ihr melden kann, sollte es nötig sein! Und das ist unbezahlbar! Das macht Hebammen so wichtig!
    Liebe Grüsse,
    Sarah

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