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Mittwoch, 25. November 2015

Wörterbuch Sommerspross-Deutsch

Die Babysprache erscheint auf den ersten Blick wie eine Mischung aus Chinesisch, Ungarisch, gepaart mit etwas, das wohl unsere Vorfahren in der Steinzeit von sich an Geräuschen gegeben haben. Aber ich glaube, mir ist es gelungen, mein Kind zu übersetzen. Durchwachte Nächte, Windeln wechseln, Rumtragen, Stillen, Spielen - mit meinem neuen Wörterbuch sind meine Probleme beseitigt. Hoffe ich zumindest.
  • ahäha (Ausgangston c'): Ach,die Welt ist so schön. Es gefällt mir gerade alles sehr gut. Meine Windel ist sauber, der Bauch ist voll. Was kann es besseres geben?
  • Buuh (Ausgangston e', lauter, dominanter werden, Ton wird höher): Irgendwas passt mir gerade nicht. Ich bin mir nur noch nicht sicher, was es ist. Ich motze einfach mal ein bisschen. Mama wird schon wissen, was los ist.
  • Habuu (wohlklingender Grundton, gleichbleibend): Oh, guck mal, ein blaues Licht. Oh und da, da ist ein buntes Licht. Das sieht auch lustig aus.
  • Aaah (Ton nicht festlegbar): noch nicht übersetzte Satzfolge.
  • Laaaaaa...laaaaa (ausgehend vom c'', aufsteigend zum c'''): Ich habe ganz schreckliche Bauchschmerzen. Aua, das drückt. Aua, das tut weh. Warum macht denn niemand was dagegen? Hallo? Hört mich jemand? Ich kann auch lauter. Auaaaaa! Es drückt. Noch lauter. Gleich springt die Glühbirne.
  • Ähhahimmm (Ausgangston f'): Ich mag mein Spielzeug nicht. Ich mag eigentlich gerade gar nichts. Vielleicht auf den Arm. Oder schlafen. Oder Hunger. Eigentlich weiß ich es auch nicht. Aber ich muss mal motzen. Börps - ah, ein Bäuerchen. Überleitung zu örrööö...
  • Örröööö (Ausgangston d'): Och, wie ist das Leben schön. Da ist ein Sonnenstrahl. Der tanzt aber lustig. Da ist noch einer. Und da, ein Baum. Mit Blättern. Die bewegen sich aber schön.
  • Blllbbblllbbb (Ton d'): Blubberblasen, schöne Blubberblasen. Guck mal, was ich machen kann. Alles nass, aber ich mache Blubberblasen. Hihihi. Ich kicher. Oh, ist das lustig.
  • Gnagnagnaa (Ton f'): Mir ist langweilig. Nein, nicht wieder der blöde Ball. Sing mir was vor. Beschäftige mich. Nicht schon wieder "Die Vogelhochzeit". Kannst du mal bitte einen Ton treffen? Dann mag ich bitte den Ball haben.
  • Glucksglucks (fröhlich): Heut' ist so ein schöner Tag, lalalalalaaaa. [Wiederholung. Alles von vorne]

Sonntag, 22. November 2015

Ausgang für die Muddis

Ein freier Abend - ein Traum wird wahr. Mal abgesehen vom Rückbildungskurs und kleinen Laufeinheiten, Katzen füttern beim Schwager und ähnlichen schnellen Aktionen, bin ich seit fast vier Monaten an den kleinen Knopf gebunden. Vor einigen Wochen kam dann die Frage meiner Mitkrankenhausmuddi Conny "Bock auf Musical?" Die Daddys sagen ja "einen Abend alleine mit Baby pack ich mit links" und nach Wochen der Vorfreude ist der Tag der Tage. Aber erst muss alles vorbereitet werden, damit Papa und Kind glücklich sind. Benötigt werden
1. eine gut gefüllte Süßigkeitenschubalde für die Nerven, Schokolade, Gummibärchen,...
2. warmes Abendessen
3. abgepumpte Milch (ich weiß, wie sich eine Kuh fühlt!) oder Pre-Nahrung, Fläschchen, Sauger, ...
4. Fußballspiel im Fernsehen, um alle bei Laune zu halten.
5. genügend Schnullis in Reichweite
Ich werfe mich endlich mal wieder so richtig in Schale, kämme die Haare und kontrolliere, ob die Wimperntusche noch nicht vollständig eingetrocknet ist. Die Kleiderauswahl: etwas, das absolut stilluntauglich ist (brauch ich ja für ein paar Stunden nicht, Juhuuu). Offene Haare - Baby kann ja nicht damit spielen. In der Handtasche keine Feuchttücher, Pampers oder Babyspielzeug. Dafür ein Deo und Wimperntusche zum nacharbeiten. Traumhaft. Handy wird nochmal richtig geladen, um erreichbar zu sein. Obwohl uns bald einfällt: von Würzburg aus ist man nicht so schnell zu Hause. Die Papas müssen durchhalten, ganz einfach. Pünktlich kommen wir los, keine Verzögerung durch eine volle Windel oder einen leeren Magen, einen vollgesabberten Pulli oder ein vergessenes Spielzeug. Kein Kinderwagen muss zum Auto geschleppt werden. Hach.  In Würzburg stoßen wir an - auf einen tollen Abend. Das wird er auch, in der ersten Reihe haben wir die perfekte Sicht. In der Pause dann der verstohlene Blick aufs Handy. Ein Papa schreibt, er guckt mit Söhnchen Fußball, einer meldet sich gar nicht. Wir genießen unsere Freiheit, besuchen noch kurz die Premierenfete. Ein Anruf zuhause "Ich kann jetzt nicht" - Kind quakt. Trotzdem fahren wir entspannt durch das Schneegestöber zurück. Was uns dort erwartet? Mein Nachwuchs liegt neben dem Papa, beide schlafen selig. Nach und nach äußern sich beide Daddys. "Frag nicht." "Er hat nicht geschlafen." "Er hat nicht getrunken." "Einmal hatte ich kurz Zeit für mich." "Die eingefrorene Milch ist nicht aufgetaut. Das Gerät taugt nichts." Wahrscheinlich grinsen Mitmuddi Conny und ich beide gleichzeitig. Mein Kind strahlt mich an, als es aufwacht. Es ist glücklich. Ich weiß gar nicht, was die Daddys haben - unsere Söhne sind doch traumhaft...

Donnerstag, 12. November 2015

Die Muddis gehen turnen

Mamababyfit. Spricht man es schnell aus, könnte man meinen, es hieße "Mach mal dein Baby fit". Dabei sind es die Muttis, die nach der Schwangerschaft ihren Beckenboden und ihre körperliche Fitness wieder auffrischen wollen. So treffen sich montags und donnerstags wackere Muttis für eine Stunde in einer beschaulichen Kurstadt. Bereits morgens geht es lustig zu in der Whatsapp-Gruppe. "Wir hatten eine schlechte Nacht." "Auto in der Werkstatt." "XY kriegt einen Zahn" - vollständig sind wir nie. Eine Mutti kenne ich noch nicht, sie ist immer da, wenn ich fehle. Zu recht kommt da die Frage auf: "Wer macht heute eigentlich mit?" Ein paar wackere Recken schaffen es doch immer wieder. Kursbeginn: 10.30 Uhr. Bis alle ihre Kids aus dem Maxi-Cosi ausgepackt haben, die Isomatte ausgelegt ist, man aktuelle Fragen bespricht - ist es kurz nach elf. Die Babys beschäftigen sich derweil mit Boden abschlabbern, Spielzeug klauen, sabbern, Bäuerchen machen und Milchreste verteilen. Dann endlich: Musik ab, Babys auf den Arm. "Bauch rein", ruft die Trainerin. Die Muttis fühlen sich ertappt. Aufwärmübungen auf der Matte. Spannung halten beim Sonnengruß - oh je. Währenddessen liegen die Babys fröhlich glucksend auf ihrer Decke. Sie grinsen vor sich hin, zappeln um die Wette und versuchen mit ihren Ärmchen die uneleganten Bewegungen ihrer Muttis um einiges eleganter nachzumachen. Ich überlege mir, ob ich ab sofort nicht auf der Decke strampele und meinen Sohnemann die Übungen machen lasse. Aber bitte dabei Bauch rein, Po anspannen. Die Dehnübungen sind die Hölle, Bauch anspannen. An den Beckenboden denken. Im Liegestütz verharren - nach meinem Gefühl stundenlang. Ich lasse mich auf die Matte plumpsen. "Das kostet einen Kuchen", rügt die Trainerin. Wieder: Bauch rein, anspannen,... Nach gefühlt einer Stunde kommen die Babys in die Trage. Das Gehüpfe, ein Workout für die sportmuffeligen Muttis (die endlich wieder fit werden), geht los. Während die Babys fast sofort einschlafen (gemein!), tanzen wir. Vor, zurück. rechts. Ach nee, links, zwei Schritte, einer nach rechts, einer nach links, nach rechts,... einer oder zwei? Und aus dem Takt. "Nicht die Luft anhalten", ruft die Trainerin. "Bauch rein." Jahaaa- und Arme hoch. Die Erlösung naht: Söhnchen hat Hunger. Zufällig immer um halb 12. Babys mit einem festen Rhythmus sind echt super. "Bauch rein geht auch beim Stillen!" Jaaaa- sieht bestimmt doof aus. Aber ich kann die anderen Muttis ja nicht alleine leiden lassen. Nach dem zweiten Frühstück ist Söhnchen zufrieden. Auf ihn ist Verlass. Weiter gehts beim Workout. "Bauch rein, Po anspannen." Jaaaa. "Atmen nicht vergessen." Und nach links, ach nee, zwei nach rechts, Beine überkreuz, Arme dazu. Oder Arme überkreuz und einfach nach links? Schon wieder raus aus dem Takt. Drehen. Nein, nicht nach links. Nach rechts. Macht nichts, eine andere Muddi verhaspelt sich auch. Oh, Windel voll. Muddi rechts außen klinkt sich kurz aus. Der Rest schaut neidisch zu, ach Mist, schon wieder den Anschluss verpasst. Nach vorne, Bein hoch, zurück, Bein hoch. Drehen, Wischbewegungen mit den Armen. Sohnemann verliert im Schlaf seinen Nucki, ich halte an. Die Trainerin grinst. "Bauch rein, atmen nicht vergessen." Und wieder einreihen. Nach links, nein, nach vorne, zurück, die Arme nach oben, nach außen, Mist, zu spät. "Bauch rein. Lächeln." Wir fletschen die Zähne und bemühen uns um ein Colgate-Lächeln. Aber wir kommen der alten Traumfigur näher. Nächste Woche geht es weiter. "Bauch rein..." Ja. Versprochen.

Freitag, 6. November 2015

Katzenjammer

Prinzipiell waren wir schon trainiert, was das frühe Aufstehen angeht. Denn seit vielen Jahren gehört zu unserem Haushalt eine kleine, dicke, kurzbeinige und schmusige Katze namens Hexe. Grundsätzlich ist sie kurz vorm Verhungern, was sie uns auch lautstark mitteilt. Ab 2 Uhr morgens macht sie sich bemerkbar. Man kann fast die Uhr danach stellen. Sie kratzt an der Tür, sollte diese geöffnet sein, legt sie sich mit Vorliebe auf das Gesicht und bearbeitet die Kopfhaut mit ihren Krallen. Das geht solange, bis einer nachgibt und ihr gegen 6 Uhr endlich das Frühstück gibt. Was das jetzt mit dem Sommerspross zu tun hat? Mittlerweile ist er nachts wach und macht sich lautstark bemerkbar, dass es allerhöchste Zeit für den nächtlichen Snack ist. So wie wir nachts gerne Chips und Schokolade bei Fernsehsessions in uns reinstopfen, liebt er seine Milchbar. Für die arme Hexe vollkommen unverständlich - sie muss stundenlang warten und ist schon kurz vorm verhungern, bis sie endlich Rind in Soße oder was ähnliches bekommt. Es ist ja auch gemein, der kleine Knopf bekommt Milch, wann immer er will. Das plüschige Katzenvieh wird sträflich vernachlässigt. Und dann darf sie sich nicht mal auf den Neuankömmling drauflegen. Dabei riecht er so gut nach Milch. Auch seine Decke, sein Schlafsack,... alles ist tabu für sie. Sie muss immer warten, bis alle Herrchen zu hause sind, damit sie sich bei einem auf die Beine legen kann. Denn beim anderen liegt ja schon dieses quäkende, sabbernde Ding. Arme Hexe! Ihr Weltbild ist zerstört. Dann diese bequeme neue Liege - in rot. Aber da darf auch immer nur das kleine Speckwesen hinein. Maxi-Cosi nennen es Herrchen und Frauchen. Die sind irgendwann am Verzweifeln, versuchen das geliebte Katzenvieh mit Schinken, Hackfleisch und Leckerlies zu besänftigen. Doch die Eifersucht nimmt zu. Irgendwann macht sie sich in Form kleiner, penetrant riechender Seen und dunkler Häufchen bemerkbar. "Viel Spaß beim Suchen", denkt sich Hexe und verteilt ihre Häufchen im Haus. Dessen Größe macht sich jetzt sehr negativ bemerkbar. Leider gibt es keine Catpampers. Auch scheint es nicht möglich, die ganze Hexe einzupampern. Nicht verzagen, Tierarzt fragen. Jetzt hängt in einer Steckdose ein Vernebler. Früher nahm man diese stinkenden Vernebler, die sich Lufterfrischer schimpfen, um wohlriechenden Raumduft zu erzeugen (es roch leider wie in einer Parfümerie). Doch statt LimonenBlumenBergwindMeeresbrise verteilen sich nun Pheromone im Haus. Das macht die Katze froh und löst Glücksgefühle aus. Gerade fliegt Hexe an mir vorbei. Es scheint zu wirken...


Sonntag, 1. November 2015

Hunderte Male...

Die ersten 100 Tage mit Baby. Das sind 100 Tage mit
  • triefenden Windeln
  • Wickeltischzielpinkeln
  • Bauchweh
  • Selbstgesprächen
  • iterweise Fencheltee
  • schlauen und nicht-schlauen Babyratgebern
  • kurzen Nächten
  • Fliegergriff 
  • Austricksen beim Fingernägelschneiden
  • Kilometer um Kilometer Kinderwagenschieben
  • Schunkeln, damit das Kind einschläft
  • Sabbeltüchern
  • Windeln, Feuchttücher auf Schritt und Tritt
  • Einkaufswägen, die nur aus Windeln zu bestehen scheinen
  • Wickeltasche, Maxi-Cosi - eine Fahrt zur Oma mutet nach Weltreise an
  • Stilldemenz
  • "Die Augen sind von..."
  • "Wem sieht er ähnlich?"
  • "Das Kinn hat er von dir."
  • "Das ist eindeutig ein Sommer."
  • "Da sieht man die Mutter."
  • "Er hat sicherlich Hunger"
  • "Ist er warm genug angezogen?"
  •  "Junge oder Mädchen?"
  • "Willst du ihn nicht einfach mal hinlegen?"
  • "Lass ihn schreien, das kräftigt die Lungen"
  • "Darf ich mal..." - patsch, werden die Händchen befummelt
  • "Schläft er?" - Nein, er stellt sich tot, damit fremde Tanten ihn in Ruhe lassen
  • "Kann er schon [beliebige Fähigkeit eines Erwachsenen einsetzen]?"
  •  "Wann fängst du mit Brei an?"
  • "Nur alle vier Stunden stillen. Versuchen Sie es mit Schnulli zu überbrücken." (klar, bei 38 Grad trinke ich auch nur alle paar Stunden einen Schluck und nuckel zwischendurch an Kieselsteinen)
aber auch 100 Tage mit
  • strahlenden Babyaugen, wenn die Milchbar eröffnet wird
  • weichen Babyhänden, deren kräftige Finger zugreifen und nicht mehr loslassen wollen
  • zahnlosem Babylachen
  • Kuscheleinheiten
  • glucksen
  • Sing- und Spielsessions auf dem Wickeltisch
  • gemeinschaftlichem Mittagschlaf auf der Couch
  • ersten Worten: Habuuuh, Mamampapapomamam, buuuh (an der Übersetzung wird noch gearbeitet)
  • Propeller im Bett
  • Schnulliweitwurf
  • Wozu Erlebnisbad, wenn das Baby in der eigenen Wanne Partys feiert und die Vorzüge des Planschens entdeckt
  • allen Strophen der Vogelhochzeit
  • einer neuen Palme im Wohnzimmer (Babys liebster Anblick: ein federnder Palmwedel)
  • "Bring mir deine Bügelwäsche."
  • "Ich schunkel ihn, dann kannst du duschen."
  • Powerstrampeln 
  • Nähe
  • Wärme
  • Babyglück