Vorsorge, Ultraschall, Geburtsvorbereitungskurse, Hebammensuche und ein angepasstes Leben mit scheinbar notwendigen Tests. Wer glaubt, dass Kinderkriegen in der Moderne so einfach ist, könnte auf ungeahnte Schwierigkeiten stoßen...
Samstag, 28. Mai 2016
Neulich auf dem Spielplatz
Neffe: Juhuuuu, eine Rutsche! Guck mal, wie schnell ich bin. Stoppst du die Zeit?
Ein Pärchen nähert sich mit einem kleinen Mädchen. Onkel und Tante sind es, wie sich im Laufe des Vormittags herausstellt.
Onkel: Guten Morgen, konntet ihr auch nicht schlafen?
Neffe (an mich): Ich habe Hunger. Das Frühstück war zu wenig. (verspeist eine Banane, eine Reiswaffel und rennt wieder zur Rutsche).
Mein Nachwuchs meldet sich und ich lasse ihn an die Milchbar.
(Währenddessen spielen Neffe und das kleine Mädchen bereits gemeinsam mit einem Ball)
Der Spielplatz füllt sich, kleine Kinder mit Namen, die an der Kreativität der Eltern zweifeln lassen und auf einen deutlichen Hintergrund hinweisen, tollen durch den Sand.
Mutti 1: Schantall, mach dich nicht dreckig.
Schantall hüpft freudig durch die Sandkiste und macht mit ihrem Bruder, Kevin der Zweite, eine Sandkuchenschlacht.
Ein weiteres Pärchen nähert sich. Joy-Sun und Zalando-Moon heißen die beiden Sprösslinge, eine kann schon laufen, Zalando-Moon liegt noch im Maxi-Cosi. Die Eltern, beide in Jogginghose und ausgeleierten Shirts, setzen sich auf eine Bank, zünden sich beide gleichzeitig eine Zigarette an, pusten den Rauch genüsslich Richtung Nachwuchs und der stolze Papa macht sich eine Guten-Morgen-Bierbüchse auf.
Neffe: Ich hab HUUUUUUUNGER! (gleichzeitig öffnet der die Tupperdose und bietet seiner neuen Freundin eine Reiswaffel an. Dann stürmen sie in Richtung Schaukel)
Mutti 1: Kevin, komm weg von den Bäumen. Nein, nicht klettern. Schantall, raus aus dem Sandkasten. Du sollst anderen Kindern nicht die Schippe auf den Kopp hauen.
Mutti 2 kommt mit dem Kleinen Stern und der Prinzessin auf der Erbse auf den Spielplatz. Der Kleine Stern schubst sofort Schantall, die heulend zu ihrer Mutter rennt.
Mutti 1: Mutti 2, dein Kind hat meins verletzt.
Mutti 2: Der kleine Stern tut so etwas nicht.
(Beide Mütter verstricken sich eine lautstarke Diskussion und beginnen gleichzeitig, ihre Kinder miteinander zu vergleichen.
Währenddessen hat der stolze Papa seine Bierdose leer und lässt Joy-Sun damit spielen. Zalando-Moon quäkt, die Mutter steckt die Zigarette in den Mundwinkel und wiegt ihr Kind.
Neffe: Taaaaaaaaante, guck mal, wie hoch ich schaukeln kann! Kommst du mal bitte her?
Der Onkel seiner neuen Freundin kickt währenddessen einen Ball in die Luft und mein Neffe versucht, diesen von der Schaukel herab zu erwischen.
Neffe: TOOOOOOOOOOOOOR! Tante, guck mal, was ich kann! Bringst du die Reiswaffeln mit? Ich hab Hunger. Und aufs Klo muss ich auch.
Mutti 1 und Mutti 2 schreien sich mittlerweile an. Die Ausdrücke entstammen einem modernen HipHop-Song, mit denen sie sich gegenseitig betiteln. Ihre Kinder lassen sich davon nicht beeindrucken, denn alle vier spielen nun doch einträchtig im Sand. Sie bauen eine Burg mit einer großen Mauer drumherum.
Schantall: Wir müssen unsere Burg schützen, damit niemand da rankommt. Wer die Burg betreten möchte, muss erst Wegzoll bezahlen.
Mutti 1 und Mutti 2 sind immer noch in ihre Streitigkeiten verstrickt.
Neffe: Ich muss PIIIIIIIIPPPPI!!! Und Stinker muss ich auch.
Wir packen also alles zusammen, ich sammel mein eigenes Kind ein, das auf dem Rasen gerade ausprobierte, wie ein Salat aus Klee und Gänseblümchen schmeckt. Noch eine letzte Reiswaffel an die neue Freundin meines Neffen verteilt und ab geht die Lotti nach Hause.
Donnerstag, 12. Mai 2016
Nachbarschaftshilfe
Die Schwangerschaftsmafia ist überall. Hat man diese überlebt, folgt die Babymafia. Was ich damit meine, sind nicht die gutgemeinten Ratschläge und vielen Tipps, auf die man verzichten kann - nein, die Babyindustrie! Sobald man schwanger ist, wird man förmlich verfolgt. Verfolgt von allen Produkten, die man als werdende Mutter unbedingt haben muss. Angefangen bei Klamotten für sich. Umstandsmode, Jeans, Shirts, Pullover. Wohl der Frau, die im Sommer schwanger ist. Abgesehen von den hohen Temperaturen, die man ertragen muss, braucht man kleidungsmäßig nicht viel. Ein paar Kleidchen, die etwas weiter sind, Flip-Flops oder weiche Mokassins, in die man auch mit dicken Füßen reinschlüpfen kann. Ein weiterer Vorteil: beim wöchentlichen Besuch beim Frauenarzt sieht das Gewicht nicht ganz so schlimm aus. Denn die netten Arzhelferinnen neigen ja dazu, die sich eh schon unförmig vorkommende Schwangere mit ihren ganzen Klamotten auf die Waage zu stellen. Jeans sind da unpraktisch - Kleidchen wiegen hingegen viel weniger. Als gestresste Schwangere tut das der Seele gut. Aber weiter im Text. Denn verfolgt wird man von zusätzlichen Leistungen, die man bei der Frauenärztin abdrücken soll ("Denken Sie an Ihr Kind"), Vitaminpräparaten und wieder Kleidung, Kleidung, Kleidung. Dabei tut es doch auch einfach der bequeme Pulli des Ehemannes. Darin fällt auch der Bauch kaum auf. Kuschelig ist er außerdem. Nachteil: Der Göttergatte hat auf Dauer nichts mehr im Schrank und muss seinerseits auf Kleidersuche gehen.
Dann nach der Geburt, Hilfe: Wenn man stillt, braucht man Stillhütchen, Stilleinlagen, Still-BHs, Milchpumpe und natürlich und ganz wichtig Milchtütchen, um die abgepumpte Milch wieder einzufrieren. Gibt man die Flasche, weitet sich die Industrie noch weiter aus in ihren Angeboten. Fläschchennahrung, Fläschchen, Sauger, Fläschchenreinigungsschwämmchen, Maschinen, um alles zu sterilisieren, Pre-Milch, hypoallergene Milch... Was hab ich vergessen? Sicherlich die Hälfte. Aber die Industrie ist leider nicht fähig, das künstlich herzustellen, das man wirklich benötigt. Sicher, es gibt so schicke Tübchen und Cremes, um die Augenringe nach durchwachten Nächten mit dem zahnenden Nachwuchs zu überschminken. Unbezahlbar ist hingegen die eigene Mutter beispielsweise. Sie hat lustige Geschichten aus der Kindheit der Muddi auf Lager, spricht Mut zu und sie schunkelt das Baby und die gestresste Jungmutter nutzt die Chance, ALLEINE und ENTSPANNT zu duschen. Soll heißen: Richtig duschen, nicht mit einem brüllenden Baby vor der Dusche. Mit ganz viel Zeit, sich einzuseifen, abzuduschen und nach dem Trockenrubbeln vielleicht Creme zu benutzen und sogar die Haare kämmen zu können. Und nicht klatschnass in Schlüppi und Jeans springen zu müssen, weil der Nachwuchs vielleicht doch gleich wieder auf den Arm will. Vom eigenen Vater gibt es zur Frühstückszeit humorvolle Zeitungsartikel, die den Start in den Tag erleichtern. Das ist schließlich was anderes als die Tipps der nervenden Babyapp. Wertvoll sind auch Freundinnen, die sich freuen, das Baby der besten Freundin auf dem Arm zu halten - während diese in Ruhe eine Tasse Kaffee trinken kann - und nicht krakengleich gleichzeitig dafür sorgen muss, dass das Baby nicht aus Versehen die Kaffeetasse vom Tisch fegt (Anfängerfehler: Denn man lernt ganz schnell, alles außer Reichweite zu stellen. Ein 75 Zentimeter großes Baby hat nämlich die Reichweite eines Elefanten im Prozellanladen). Eine wunderbare Erfindung sind auch Freundinnen, die ebenfalls mindestens ein Kind haben. Im besten Fall ist dieses gleich alt und man sich sich über schlaflose Nächte, Schübe, Phasen, Zahnen und die wunderbaren ersten Worte unterhalten: Dadada und brabbel. Gemeinsame Freude ist doch schön. Freundinnen mit mehr als einem Kind strahlen zudem eine unnachahmliche Ruhe aus. Sie wissen schon, wie es ist, überall Banane, Hirsekringel und Milchflecken zu haben. Nur deswegen umziehen? Lohnt sich nicht, grob abkärchern und der Tag geht weiter. Diese Frauen sind wie ein Fels in der Brandung, sie können gleichzeitig stillen, putzen, bei den Hausaufgaben helfen und etwas essbares auf den Tisch bringen. Egal, ob es nur Nudeln mit Soße sind, es gibt WAS ZU ESSEN! Und zwar etwas warmes! Ihnen ist es egal, ob der Babybesuch alles vollkleckert, denn sie nehmen in aller Seelenruhe abends den großen Besen. Klebrige Finger? Sie lachen nur drüber. Wachsmalstifte an der Wand? Früh übt sich, was ein Monet werden will. Gold wert sind die Omas, Großtanten und alles in der Richtung, was noch stricken gelernt hat. Denn diese zauberhaften kleinen Söckchen und Mützchen, selbstgemacht und mit ganz viel Liebe eingepackt und verschenkt, gehören zu jedem Baby. Als grobmotorische Mutter, die mit einer Strickliesel schon überfordert ist, sind diese Gaben ein Geschenk des Himmels. Denn jeder fragt: "Ach, wer hat denn das gestrickt?" und ist ganz verzaubert. Glücklich schätzen können sich auch die Jungeltern, die Geschwister haben. Diese schunkeln, laden zum Essen ein (mehr als nur Nudeln mit Soße) und sind begeisterte Babysitter. Ganz egal, ob da schon andere Kinder rumhüpfen oder man einfach nur am Neffen übt. Lohnenswert: freundliche Nachbarn, die sich nicht hinter Mülltonnen verstecken. Stattdessen kommen sie zum grillen, Babyschunkeln und plaudern aus dem eigenen Nähkästchen. Last but noch least der Ehemann und Papa: der stürzt sich nämlich nach einem langen Arbeistag voller Freude auf den Nachwuchs, spielt mit ihm und ist nur dann genervt, wenn der Sprössling an der teuren Heimkinoanlage herumspielen möchte. Alles unbezahlbar - die Kreditkarte nimmt man dann für Pampers und Stillhütchen.
Mittwoch, 4. Mai 2016
Pro Flasche? Pro Stillen?
Von einer Gastautorin
Neulich im Muddisport. Die Mama neben mir packt zum dritten Mal ihre Brüste aus, um ihr fast acht Monate altes Mädchen zu stillen. Dabei dauert der Sport bloß 50 Minuten. Und die Kleine macht weder einen hungrigen noch einen liebebedürftigen Eindruck. Sie schaut eher so aus, als langweile sie sich, ein bisschen müde wirkt sie auch, reibt sich die Augen. Klar, Muddi hüpft fröhlich durch die Gegend, während ihre Tochter allenfalls ein wenig herumkrabbelt. Spielzeug hat sie auch keines dabei. Öde! Gegen Ende des Kurses liegt das Kind schlaff wie ein Sack auf der Mama – der Moment, in dem diese es zum dritten Mal anlegt. Die Kleine nuckelt wenige Sekunden. Hinterher hängt sie wieder wie ein nasser Sack auf der Mama herum.
Von mir. Einer Stillmuddi.
Fakt für mich war vor der Geburt: Ich will stillen, immerhin ist es die natürlichste Art, sein Kind zu ernähren. Klar war für mich aber auch, dass ich weder mich noch mein Kind unter Druck setzen will. Tiefenentspannung und alles ganz locker angehen, das war die Devise. Nun gut, die Sache mit dem Milcheinschuss war wirklich nicht so der Brüller. Dagegen geholfen haben kühle Umschläge mit Spitzkohl. Ein bisschen fühlte ich mich wie eine Kohlroulade. "Da kommt Dolly Buster", nannten mich die Schwestern im Krankenhaus. So kam ich mir auch vor, nur dass es statt Silikon und Kunst eben Milch und Hormone waren. Eine Nacht haben sich der Sommerspross und ich um die Ohren geschlagen, ich habe ihn immer und immer wieder angelegt und dann hatten wir es endlich kapiert. Damit wurde ich zur Stillmuddi. Vollzeitstillmuddi. Milchbar. Manchmal gefühlt Milchkuh. Und warum? Wo immer ich auch bin, habe ich alles dabei. Die Milch ist wohltemperiert, gleich zur Stelle und das Einzige, das ich tun muss, ist kurz am T-Shirt zu ziehen. Ich muss nicht erst Pulver in viel zu heißes Wasser kippen, warten, bis es Trinktemperatur hat, kaltes Wasser nachkippen, zwischendurch das Kind trösten, weil es immer noch nicht losgeht... Nee, dann doch lieber überall das T-Shirt hochziehen: auf dem Feldweg, auf dem Rücksitz des Autos, auf irgendwelchen Treppen in Parkhäusern, im Restaurant des Pflanzenfachgeschäftes um die Ecke oder am Straßenrand. Der August des vergangenen Jahres war verdammt heiß. Kein Wunder, dass ich nachts zwei Liter Wasser getrunken habe. Der kleine Mann hatte natürlich auch oft Durst, bei 28 Grad im Schlafzimmer kein Wunder. Nachts alle zwei Stunden aufstehen und Flasche richten? Nö, Shirt hochziehen, andocken lassen und weiterschlafen. Das alles geschieht manchmal unterbewusst und ich bekomme es gar nicht mit. Mittlerweile ist der Kleine so fit, dass er sich selbst bedient. Ich wache lediglich irgendwann auf, weil der junge Mann das Shirt nicht mehr zumacht. Hinterher abwaschen oder irgendwas sterilisieren? Brauch ich nicht. Immer danach schauen, ob noch genug Milchpulver da ist? Nicht notwendig, die kostengünstige Variante hab ich immer selbst dabei. Natürlich, mein Kind und ich sind eng aneinander gebunden. Mein Tag richtet sich nach ihm. Ein Nachteil? Nein, denn ich genieße es. Ausgang? Habe ich trotzdem, bin ein- bis zweimal pro Woche weg. Falls der Sommerspross dann Hunger hat, bekommt er die Flasche. Da ist sie dann doch wieder ganz praktisch, wie ich ehrlich zugebe, und eine gute Alternative.
Dienstag, 3. Mai 2016
Festival? Gewusst wie...
Weitere Infos unter: http://www.blacksheep-kultur.de