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Montag, 6. Juni 2016

Never too young to rock

Wir sind festivalerprobt, oh ja. Bierkühlschrank und Zelt, Pavillon und Gummistiefel - die Ausrüstung steht. Doch dieses Jahr ist es etwas anders. Immerhin war unser Sohnemann mit seinen zehn Monaten dabei, als es am vergangenen Wochenende im Nachbarort zum Blacksheep-Festival ging. So wird der rollbare Untersatz für den Kühlschrank ersetzt durch einen Buggy für den Nachwuchs. Statt Isomatte und Bierbank heißt es Feuchttücher, Windeln und Penatencreme. Statt Oropax für uns Gehörschutz für den Sommerspross. Die Packliste muss wie immer neu geschrieben werden. Etwas überladen kommen wir dann auch an. Ziemlich schnell stellen wir die wahre Funktion eines Buggys auf einem Festival fest: Ablage für Jacken, Regencapes, Flaschen, Decken. Durch den Schlamm nach dem starken Regen stellen wir auch schnell fest, dass so eine Art Gummistiefelräder besser wären.

Der Regen hat den Boden ordentlich aufgeweicht, Rindenmulch bessert ab Samstag die Situation. Ein idealer Standpunkt ist daher im Süden. Soll heißen: in der Nähe der Schlosshofbühne. Unseren Sohn interessiert die Musik nicht so wirklich, wie ich ehrlich zugeben muss. Während ich vor allem bei den Bananafishbones in Jugenderinnerungen schwelge, hatte Sohnemann ganz andere Interessen: Kieselsteinchen, Buggyräder oder Biergläser verdienen es in seinen Augen mehr, beachtet zu werden. Mit dem Gehörschutz auf den Ohren versinkt er auch bald im Land der Träume. Manfred Mann's Earth Band? Uriah Heep? Keywest? Alles egal, der Nachwuchs findet es zum gähnen und pennt. Auf dem Arm oder in der Tragehilfe natürlich. Sein Buggy ist ja belegt. Zeit für mich, die Bands anzuschauen und neugierig die anderen Gäste zu betrachten. Einige Meter weiter schlummert noch ein Baby am Bauch der Mutter.



Acht Monate alt, wie ich erfahre. Es geht also noch jünger. Ich merkte schon, dass das mein Festivalsport werden sollte: wer ist der jüngste Teilnehmer? Ich treffe noch auf einjährige Zwillinge, vierzehnmonate Wiederholungstäter und einen Vater, der seine 17 Monate alte Tochter Luana eher spontan mitgenommen hatte. "Ihre Mutter ist krank, teilt er mir mit." Drei Stunden hab ich Luana jetzt einfach an meinen Stand mitgenommen." Die Kleine beobachtet das Geschehen neugierig, auf Papas Arm fühlt sie sich jedoch am sichersten. Ob hier erste Fundamente für den späteren Musikgeschmack gelegt werden?



Mit Sohnemann auf dem Arm werden wir oft angegrinst. Er grinst fröhlich alle Leute an, versucht zu winken und greift nach allem, was nicht niet- und nagelfest ist. Vorzugsweise das Guinness-Glas meiner Schwester. So schnell kann man gar nicht gucken, wie er versucht, sein erstes Bier zu trinken. Aber Pustekuchen, er ist noch Milch- und Wasserbaby.
Mehrmals treffe ich eine Muddi, die ich im MudditanzenmitBabyvordemBauch kennengelernt habe. Ihre ein und drei Jahre alten Jungs sind bei Oma und Opa, erklärt sie mir. Ein bisschen grinst sie dabei bis über beide Ohren - Festival mit Kind ist spannend, Festival ohne Kind kann auch entspannend sein. 
Andere Eltern nutzen eifrig das Angebot des Blacksheep-Festivals - nämlich den Kids- und Junior-Club. Zur Nachmittagszeit ist es dort noch ziemlich ruhig, doch vor allem gegen Abend füllt sich der Bereich. Am Freitagabend geben sich Wendrsonn dort die Ehre. Nach ihrem Auftritt auf dem Festival kreuzen einige Bandmitglieder mit ihren Instrumenten im Kids- und Juniorclub auf und legen los. Ein Mini-Konzert für die Minis. Die sind auch total begeistert, feuern die Musiker an, die einige ihrer schwäbischen Folk-Rocksongs zum besten geben. "Und jetzt ab auf die Hüpfburg", fordert Sänger Markus Stricker die jungen Festivalgäste auf. Die lassen es sich nicht zweimal sagen, und während ihre Eltern vor den Bühnen abrocken, sieht es auf der Hüpfburg fast genauso aus.
Partyzone Hüpfburg
Kleine Artisten unterwegs
Bis zu 40 Kinder pro Tag sind es hier, erzählt mir Betreuerin Tina. Die Eltern kommen, bringen ihre Kleinen her, ein kurzer Wink und schnell zu den Konzerten. Sechs Jahre als sind die Jüngsten, ein bisschen bedauere ich es, dass unser Sohn noch zu klein ist. Na gut, in einigen Jahren sieht das schon anders aus. Dann kann er dort auch basteln, hüpfen oder in einer langen Kette mit anderen Kindern an der Hand über das Festivalgelände laufen.
Doch noch ist der jüngste Besucher noch nicht gefunden. Erst am dritten Tag werde ich bei meiner Suche fündig. Eine Klassenkameradin von mir schiebt einen Kinderwagen über das Gelände. Lydia, zehn Wochen alt. So ganz kriegt sie von dem ganzen Spektakel um sich herum noch nicht alles mit. Was noch fehlt - ein Festival-Shirt für die jüngste Besucherin. Doch auch dabei werde ich fündig, eine weitere Schulkameradin trägt Töchterchen Luisa auf dem Arm an mir vorbei. Auf den Ohren: pinkfarbener Gehörschutz. Und das Shirt: natürlich vom Blacksheep-Festival. Begeistert möchte ich auch eins haben, aber werde dann doch enttäuscht: es ist selbstgemacht. Naja, vielleicht nächstes Jahr.
Mein Fazit für ein Festival mit Kind: Es geht auch ohne Bier und mit Bluna. Statt Schlammcatchen bei Rock am Ring tut es auch der Rindenmulch in Bonfeld. Statt schlafen im Zelt ist schlafen zuhause auch mal ganz schön. Die Stimmung ist erstklassig, die Musik macht Laune und ich freue mich auf das nächste Jahr. Mit Kind! Und das Beste: Sohnemann fängt an, bei Musik automatisch mitzuwippen. Ziel erreicht und es fehlt nur noch die Pommesgabel...

Pelle pennt. Auf Omas Arm oder in der Tragehilfe - ihm ist das wurscht.

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