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Dienstag, 21. Juni 2016

Europameisterschaft der Muddis

Heute Abend spielt Deutschland. Aber überall auf der Welt gilt es weitere Meisterschaften zu gewinnen. Die der besten Muddi beispielsweise. Das Verhalten rund um den Austragungsort Kindergarten/Kita/Spielplatz ist ähnlich wie das der Hooligans im Bereich der Fußballstadien. So heißt es auch hier: Anpfiff. Es gilt, einen tollen Pokal zu erhaschen, andere Mannschaften zu besiegen und dann schweißüberströmt, mit Spuren von Rasen und Matsch zum Sieger gekürt zu werden. Wir sind ganz vorne mit dabei. Achtbare Gegner sind es in der Vorrunde, kurz vor Spielbeginn wird auch die Startelf bekannt gegeben. Dann geht's los. So treffen die Stillmuddis auf Flaschenmuddis. Die Impfgegner und die Impfbefürworter geben sich ein haarsträubendes Match. Und dann gibt es noch die Muddis, die ihr Kind in die Kita stecken und die Muddis, die drei Jahre (mindestens) zuhause bleiben. Außerdem sind Hebammen, Ärzte, Kreißsäle Geburtshäuser, Hausgeburten, Wassergeburten, geplante Kaiserschnitte und Schmerzmittel mit von der Partie. Die Teams zeigen sich zäh, foulen wie die echten Fußballer mit miesen Tricks wie "Mein Kind schläft schon durch und deins?" oder "Mein Kind ist schon trocken". Wahlweise versuchen die kampferprobten Muddis auch, den Schiedsrichter zu beeinflussen. Beliebte Hilfsmittel: Hirsekringel oder selbstgebackene, natürlich zuckerfreie Waffeln. So nimmt der Wettbewerb seinen Lauf und flugs ist das Achtelfinale erreicht. Austragungsort ist in diesem Fall der Babybasar. Ziel: möglichst viele Kleidungsstücke, die natürlich möglichst günstig sind, aus den Händen der anderen zu reißen und zum Tor zu bringen. Soll heißen: zur Kasse. In der Abwehr muss man sich behaupten, denn zum Torschuss kommt man nur, wenn man die Schlange von Muddis mit Wäschekörben voller Kleidungsstücke überwunden hat.Miese Tricks und Fouls gibt es auch hier, denn zufälligerweise steht doch dann und wann ein Kinderwagen im Weg. Hartgesottene wehren sich mit vollen Windeln, um das Objekt der Begierde (Markenschlafanzug für sagenhafte 50 Cent) zu verteidigen. Die tapferen Mannschaften, die das überstanden haben, schaffen es ins Viertelfinale. Auch die Herausforderung hier nennt sich Spielplatz. Als Sieger kann nur hervorgehen, wer der Übermacht aus Sandspielzeug, Sandschlachten, zerstörten Sandburgen, nassen Rutschen und wackeligen Schaukeln gewachsen ist. Im Tor stehen Halbwüchsige, denen es auf dem Bolzplatz zu langweilig geworden ist. Profis verstecken sich hinter einer Sonnenbrille oder ducken sich hinter überfüllten Mülleimern, um diese Tortur zu überstehen. Gefoult wird richtig fies mit Schubsen auf der Rutsche, Bein stellen beim Wettlauf Richtung Wippe und Bananenschalen, die nicht mehr in den Mülleimer gepasst haben. Wer noch einmal mit einem blauen Auge davonkommt, landet tatsächlich im Halbfinale: Kindergarten. Dort stehen erfahrungsreiche Erzieherinnen im Tor, die Bälle nur hereinlassen, wenn sie vorschriftsmäßig in Tupperdosen eingepackt sind und Hausschuhe anhaben. Falls nicht: Gelbe Karte und eine Runde im Schlafsaal aussetzen. Dort müssen Einschlaflieder gesungen werden - in Dauerschleife. Gewiefte Muddis kommen auch gegen solche Tricks an und foulen mit zusätzlichen Tagesordnungspunkten beim Elternabend und mit taktischen Schachzügen im Elternbeirat. Solche Profis kommen selbstverständlich ins Finale: ins Wartezimmer der Kinderarztpraxis. Nur ganz Hartgesottene sind in der Lage, im Elfmeterschießen die Krankheiten abzuwehren. Mikroskopisch klein bahnen sich Schnupfenviren und rote Pusteln einen Weg, um Tore zu schießen. Privatpatienten zücken hier ihr gelbes Plastikkärtchen und bei Zahlung einer gewissen Geldsumme geht die Wartezeit an ihnen spurlos vorüber. Sie erhalten den Pokal und die Meisterschaft... Bis es die Medien aufdecken und der ganze Betrug auffliegt, dauert es aber noch eine Weile. Bis dahin: Tor frei für die Muddis dieser Welt.

Donnerstag, 9. Juni 2016

Endlich Oma!!! Endlich Oma???

Gastbeitrag einer na... von wem wohl?... Oma
Mein drittes Enkelkind ist da. So langsam wird es auch für mich als Oma wieder Routine. Die Anfänge das erste Mal Oma zu werden, waren auch als Mutter von drei supersüßen, natürlich hochintelligenten Kindern leider nicht so einfach. Was hat man nicht alles vergessen. Und ist es wirklich schon so lange her? Das erste Mal Oma werden… ich war auf der Arbeit, als mein Göttergatte mich anrief: Hast du einen Moment Zeit? Wenn man mit Publikumsverkehr arbeitet, hat man natürlich nie Zeit. Also ein ruhiges Plätzchen suchen…. Wo mal keiner zuhört. Irgendetwas muss ja passiert sein. Mein Gatte: Du wirst Oma!!!! Pause…bist du noch am Telefon? Er wiederholt: Du wirst Oma…. Große Pause! Dann ich, nur etwas sprachlos… unsere Lieblingsälteste? Mein Göttergatte: Nein… wieder Pause bei mir! Unsere Lieblingsjüngste? Mein allerliebster Mann: Nein! Ganz große Pause… mir fehlen die Worte. Gibt es da nicht noch jemanden? Mir war es in dem Moment entfallen. Endlich erlöst mich mein Mann von meinem kurzzeitigen Gedächtnisverlust…. Dein Sohn, unser Lieblingssohn wird Papa. Ja, war mein Gedanke… endlich Oma! Endlich Oma?
Unsere Enkelkinder sind jetzt sechs Jahre, vier Jahre und zehn Monate. Wir genießen die Zeit mit der  großen Familie… die Familientage und -feiern. Familienfeiern sind schön, solange es nicht die eigenen sind, mag der Eine oder Andere denken. Ich als Oma stehe darüber, ich genieße in vollen Zügen die Tage, an denen das Haus voll ist. Und wunderbar sind die Ausflüge, wo dann auch mal alle mitkommen.
Auch unsere Kinder nehmen, wie wir es gemacht haben, ihre Kinder überall mit hin. Unser ältestes Enkelkind war mit  eineinhalb Jahren mit Schottenrock und Windel im Nachbarort zum Irish Folk Festival. Und natürlich großen, grünen Ohrenschützern. Jetzt war unserer jüngstes Enkelkind mit zehn Monaten beim Blacksheep-Festival,auch im Nachbarort. Und das zwei Tage. Tapfer hat er ausgehalten. Von allen Familienmitgliedern geschuckelt, im Buggy gefahren, der nicht immer frei war. Der Buggy war eher Kleiderständer für alles. Was gibt es Schöneres als solche Tage als Oma. Also endlich Oma!!! Ja, endlich Oma!

Montag, 6. Juni 2016

Never too young to rock

Wir sind festivalerprobt, oh ja. Bierkühlschrank und Zelt, Pavillon und Gummistiefel - die Ausrüstung steht. Doch dieses Jahr ist es etwas anders. Immerhin war unser Sohnemann mit seinen zehn Monaten dabei, als es am vergangenen Wochenende im Nachbarort zum Blacksheep-Festival ging. So wird der rollbare Untersatz für den Kühlschrank ersetzt durch einen Buggy für den Nachwuchs. Statt Isomatte und Bierbank heißt es Feuchttücher, Windeln und Penatencreme. Statt Oropax für uns Gehörschutz für den Sommerspross. Die Packliste muss wie immer neu geschrieben werden. Etwas überladen kommen wir dann auch an. Ziemlich schnell stellen wir die wahre Funktion eines Buggys auf einem Festival fest: Ablage für Jacken, Regencapes, Flaschen, Decken. Durch den Schlamm nach dem starken Regen stellen wir auch schnell fest, dass so eine Art Gummistiefelräder besser wären.

Der Regen hat den Boden ordentlich aufgeweicht, Rindenmulch bessert ab Samstag die Situation. Ein idealer Standpunkt ist daher im Süden. Soll heißen: in der Nähe der Schlosshofbühne. Unseren Sohn interessiert die Musik nicht so wirklich, wie ich ehrlich zugeben muss. Während ich vor allem bei den Bananafishbones in Jugenderinnerungen schwelge, hatte Sohnemann ganz andere Interessen: Kieselsteinchen, Buggyräder oder Biergläser verdienen es in seinen Augen mehr, beachtet zu werden. Mit dem Gehörschutz auf den Ohren versinkt er auch bald im Land der Träume. Manfred Mann's Earth Band? Uriah Heep? Keywest? Alles egal, der Nachwuchs findet es zum gähnen und pennt. Auf dem Arm oder in der Tragehilfe natürlich. Sein Buggy ist ja belegt. Zeit für mich, die Bands anzuschauen und neugierig die anderen Gäste zu betrachten. Einige Meter weiter schlummert noch ein Baby am Bauch der Mutter.



Acht Monate alt, wie ich erfahre. Es geht also noch jünger. Ich merkte schon, dass das mein Festivalsport werden sollte: wer ist der jüngste Teilnehmer? Ich treffe noch auf einjährige Zwillinge, vierzehnmonate Wiederholungstäter und einen Vater, der seine 17 Monate alte Tochter Luana eher spontan mitgenommen hatte. "Ihre Mutter ist krank, teilt er mir mit." Drei Stunden hab ich Luana jetzt einfach an meinen Stand mitgenommen." Die Kleine beobachtet das Geschehen neugierig, auf Papas Arm fühlt sie sich jedoch am sichersten. Ob hier erste Fundamente für den späteren Musikgeschmack gelegt werden?



Mit Sohnemann auf dem Arm werden wir oft angegrinst. Er grinst fröhlich alle Leute an, versucht zu winken und greift nach allem, was nicht niet- und nagelfest ist. Vorzugsweise das Guinness-Glas meiner Schwester. So schnell kann man gar nicht gucken, wie er versucht, sein erstes Bier zu trinken. Aber Pustekuchen, er ist noch Milch- und Wasserbaby.
Mehrmals treffe ich eine Muddi, die ich im MudditanzenmitBabyvordemBauch kennengelernt habe. Ihre ein und drei Jahre alten Jungs sind bei Oma und Opa, erklärt sie mir. Ein bisschen grinst sie dabei bis über beide Ohren - Festival mit Kind ist spannend, Festival ohne Kind kann auch entspannend sein. 
Andere Eltern nutzen eifrig das Angebot des Blacksheep-Festivals - nämlich den Kids- und Junior-Club. Zur Nachmittagszeit ist es dort noch ziemlich ruhig, doch vor allem gegen Abend füllt sich der Bereich. Am Freitagabend geben sich Wendrsonn dort die Ehre. Nach ihrem Auftritt auf dem Festival kreuzen einige Bandmitglieder mit ihren Instrumenten im Kids- und Juniorclub auf und legen los. Ein Mini-Konzert für die Minis. Die sind auch total begeistert, feuern die Musiker an, die einige ihrer schwäbischen Folk-Rocksongs zum besten geben. "Und jetzt ab auf die Hüpfburg", fordert Sänger Markus Stricker die jungen Festivalgäste auf. Die lassen es sich nicht zweimal sagen, und während ihre Eltern vor den Bühnen abrocken, sieht es auf der Hüpfburg fast genauso aus.
Partyzone Hüpfburg
Kleine Artisten unterwegs
Bis zu 40 Kinder pro Tag sind es hier, erzählt mir Betreuerin Tina. Die Eltern kommen, bringen ihre Kleinen her, ein kurzer Wink und schnell zu den Konzerten. Sechs Jahre als sind die Jüngsten, ein bisschen bedauere ich es, dass unser Sohn noch zu klein ist. Na gut, in einigen Jahren sieht das schon anders aus. Dann kann er dort auch basteln, hüpfen oder in einer langen Kette mit anderen Kindern an der Hand über das Festivalgelände laufen.
Doch noch ist der jüngste Besucher noch nicht gefunden. Erst am dritten Tag werde ich bei meiner Suche fündig. Eine Klassenkameradin von mir schiebt einen Kinderwagen über das Gelände. Lydia, zehn Wochen alt. So ganz kriegt sie von dem ganzen Spektakel um sich herum noch nicht alles mit. Was noch fehlt - ein Festival-Shirt für die jüngste Besucherin. Doch auch dabei werde ich fündig, eine weitere Schulkameradin trägt Töchterchen Luisa auf dem Arm an mir vorbei. Auf den Ohren: pinkfarbener Gehörschutz. Und das Shirt: natürlich vom Blacksheep-Festival. Begeistert möchte ich auch eins haben, aber werde dann doch enttäuscht: es ist selbstgemacht. Naja, vielleicht nächstes Jahr.
Mein Fazit für ein Festival mit Kind: Es geht auch ohne Bier und mit Bluna. Statt Schlammcatchen bei Rock am Ring tut es auch der Rindenmulch in Bonfeld. Statt schlafen im Zelt ist schlafen zuhause auch mal ganz schön. Die Stimmung ist erstklassig, die Musik macht Laune und ich freue mich auf das nächste Jahr. Mit Kind! Und das Beste: Sohnemann fängt an, bei Musik automatisch mitzuwippen. Ziel erreicht und es fehlt nur noch die Pommesgabel...

Pelle pennt. Auf Omas Arm oder in der Tragehilfe - ihm ist das wurscht.