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Mittwoch, 14. September 2016

Willkommen im Club

Wir sind seit einigen Wochen offiziell im Club der Langzeitstillenden aufgenommen. Wir stillen seit mehr als einem Jahr, für manch eine andere Person unverständlich. "Langzeit" - ein weiteres Wort, das mit diesen beiden Silben beginnt, ist "langzeitarbeitslos", also negativ behaftet. Wir als Clubmitglieder der Langzeitstillenden scheinen ein wenig vom negativen Image abzubekommen. Immerhin sind die Sätze, die wir zuweilen hören und die Erfahrungen, die wir machen müssen, nervenaufreibend, wiederholend, sie machen uns ärgerlich und bringen uns zuweilen ganz schön auf die Palme. Wir Clubmitglieder scheren uns nicht darum, manchmal haben wir es uns ausgesucht, lange zu stillen, manchmal hat es sich einfach so ergeben. Die Gründe sind vielfältig. Ebenso vielfältig sind die Sätze, die wir hören, wenn man uns mit halbgeöffneter Bluse, T-Shirt oder Kleid sieht, dazu ein Kleinkind (das sogar schon laufen kann, um Himmels Willen! Es wird für immer und ewig unselbstständig sein), das friedlich trinkt oder nuckelt. Liebe Menschen, eure Kreativität bei eurer Wortwahl in allen Ehren: Aber ihr geht uns ganz schön auf den Wecker. Ein kleines Best-of gefällig? Nur zu, davon haben wir Clubmitglieder reichlich. Fangen wir mal damit an: "Reicht deine Milch noch aus?" Nein, natürlich nicht. Man sieht doch sofort, dass mein Kind nur noch Haut und Knochen ist. Ein weiterer Kalauer: "Wie lange möchtest du denn noch stillen?" Hm, bis er oder sie 16 ist? Immerhin sind es einige Kalorien pro Tag mehr, die wir stillenden Muddis zu uns nehmen dürfen. Man denke nur an die Schokolade und den köstlichen Schokoladenbrotaufstrich, nach dem dieser Blog benannt ist. Mjam! Sicherlich nicht zu verachten ist die Sorge einiger um das Wohlergehen der Dauerstillmuddis. „Hast du denn gar keine Zeit für dich?“ Selbstverständlich nicht. Mein Kind und ich hängen 24 Stunden am Tag aufeinander rum. Der Papa ist eigentlich nur Dekoration und weiß nicht, wie man das einjährige Kind mit Zähnchen satt bekommt, wenn Muddi nicht da ist. Ist irgendwann ein zweites Kind unterwegs und die Muddi stillt immer noch (ach, wie schrecklich), kommen für die Mitmenschen neue Probleme auf. „Ja, willst du dann beide stillen?“ Nö, das neue Kind bekommt die Flasche. Dann muss sich der Erstgeborene nicht umgewöhnen oder gar teilen. Man könnte natürlich auch eins links und eins recht anlegen. Liebe Mitmenschen, das funktioniert tatsächlich und nennt sich Tandemstillen. Wie Tandemfahrradfahren, nur eben stillen – nämlich mit zweien. Ganz schlimm ist es die elende Dauerstillerei für die Menschen, die selbst noch keine Kinder haben. Sie haben die besten Tipps. Nicht zu unterschätzen ist auch die Sorge um die Zukunft. Sollte das 16-jährige Kind tatsächlich noch an der Brust hängen, wie ist es dann mit dem ersten Partner oder der ersten Partnerin? Nuckelt die dann mit? Das wurde ich wirklich gefragt. Bestimmt nicht ganz ernst gemeint. Wir aus dem Club der Langzeitstillenden sind uns auch sicher, dass wir, wenn unser Langzeitstillkind in der Grundschule ist, alle 45 Minuten zur Schule kommen, um in der Pause die Milchi zu geben. Denn ist es nicht so, dass man nach einem Jahr stillen das Kind gar nicht mehr von der Brust wegbekommt? Sicher, ganz sicher. In Jahrhunderten, in denen es noch keinen Brei gab, haben das die Muddis bestimmt gemacht. Ach, da gab es noch keine Schulpflicht. Langzeitstillen fiel damit nicht auf. Neben dem Club der Langzeitstillmuddis gibt es noch den allumfassenden Club der StillenNichtStillenFlaschenMuddisDieEinfachNurMuddisSind. Deren Credo lautet: „Ich folge meiner Intuition und tue das, was ich für richtig halte.“ Darin sind übrigens alle Muddis dieser Welt Mitglied.

Sonntag, 11. September 2016

Der Countdown läuft

Irgendwo habe ich mal gelesen, dass die ersten Wochen einer Schwangerschaft wie im Flug vergehen. Ein Monat fühlt sich an wie ein Monat, acht Monate wie acht Monate. Das ändert sich erst ab der 36. Woche. In den letzten vier Wochen scheint es so, als wären es 1000 Tage à 72 Stunden. Eine gefühlte Unendlichkeit! Der Bauch nimmt ungeante Dimensionen an, die eigenen Füße kann man nicht mehr sehen, geschweige denn Schuhe zubinden. Wohl den Frauen, die im Sommer schwanger sind und sich nur um FlipFlops oder weiche Mokkassins bemühen müssen. Oder gleich barfuß laufen. Die Dusche heißt nur noch "Walwaschanlage", im Freibad singt man hinter uns armen Dickbäuchern wahrscheinlich "Schiebt den Wal zurück ins Meer" und Greenpeace schützt uns mit eigenen Aktionen. In den letzten verbleibenden 1000 Tagen einer Schwangerschaft kommen zu lustigen Gelüsten (siehe https://nutellaundweizenbier.blogspot.de/2016/08/dinkelmehl-und-toffifee-von-gelusten-in.html ) die Nestbautriebe. Shoppen!!!! Babysachen! Kinderwagen, Babyschale, kleine Schühchen, Söckchen, oh, das ist ja alles so niedlich. Nur, falls man zur Geburt nichts bekommen sollte außer Babybodys, Windeln, Cremes, Tübchen, Schlafsäcken, Stramplern und Schnullis, geht man als werdende Muddi und werdender Vaddi voller Begeisterung einkaufen.  Es könnte ja auch sein, dass die Kisten, die man von Freunden mit älteren Kindern bekommen hat, nicht ausreichen. Als wäre da nicht ein Jahresvorrat an Windeln und Babykleidung drin. Daher: Nichts wie los.Die Kreditkarte wird geschröpft bis die Inkassofirma droht. Sind die Schränke endlich gefüllt, alles gewaschen und fein säuberlich gefaltet (noch hat man ja die Zeit, alles mit Millimeterpapier auszumessen und sorgfältig im Schrank zu platzieren), gilt es, schlaflose Nächte zu überbrücken. Nein, das Baby ist noch nicht da. Aber der Bauch ist im Weg und verhindert einen süßen Schlummer. Dazu kommen vielleicht noch die Senkwehen und eine gewisse innere Unruhe. Kein Wunder, dass ich in den letzten Wochen morgens um fünf aufgewacht bin und erstmal frühstückte. Bärenhunger war das morgens. Danach: wieder ins Bett. Oder die letzten kleinen, süßen Söckchen waschen, falten und nach Farben sortieren. Eine meiner Freundinnen bekommt bald ihr erstes Baby. Sie scheint dem Koch-, Back-, Einkochwahnsinn verfallen zu sein. Sie sei um halb fünf aufgewacht. "Wie angeknipst", erzählt sie mir. Glockenwach. Also machte sie sich dran, eine Zucchini-Quiche zuzubereiten. Schön Zucchini schnibbeln, alles in den Ofen. Aber wach war sie immer noch. Also fing sie noch an, Äpfel zu schälen und tonnenweise Apfelmus zu kochen. Mal mit Ingwer verfeinert, mal ohne. Fertig mit allem war sie gegen halb sieben. "Und dann hatte der Supermarkt noch nicht auf", berichtet sie empört. Sie wollte doch einkaufen gehen. Wach war sie ja immer noch. Seltsame Marotten in den letzten Schwangerschaftswochen? Kaum! Ich hingegen habe ja nur am Tag, bevor wir ins Krankenhaus gefahren sind, noch die Küche eingeräumt. Die war nämlich genau an dem Tag endlich fertig geworden. Alles verlief nach Plan. Aber immer noch warten, warten, warten. Und das Thema essen immer im Hinterkopf. Eine weitere Freundin erzählt mir, dass sie erst noch gekocht hat, bevor sie losfuhren. Bevor sie ihrem Mann überhaupt sagte, dass die Wehen da sind. Aufgegessen musste auch noch werden. Erst dann gemütlich ins Krankenhaus. Vorher natürlich noch ausgiebig duschen, Fußnägel lackieren, Beine rasieren und ein wenig Wimperntusche auftragen. Sonst bekommt der Nachwuchs ja einen Schock, wenn er seine Mama das erste Mal sieht. Das schien zumindest das Credo einer anderen Freundin zu sein. Während sie sich hübsch machte, verdonnerte sie zudem ihren Mann dazu, noch den Abwasch zu machen. Den hatte ich ja bereits erledigt, als mein Göttergatte an diesem einen Tag, als das Warten endlich ein Ende zu haben schien, nach Hause kam. Ich war geduscht, schickte den werdenden Papa ebenfalls noch ins Bad und dann ging es endlich Richtung Krankenhaus. Die 1000 Tage hatten ein Ende. Countdown beendet.

Freitag, 9. September 2016

Große Sorgen, kleine Sorgen

Manchmal ist mein Mamadasein ganz schön anstrengend. Abends lässt sich der kleine Mann am liebsten von mir trösten, braucht noch seine Kuscheleinheiten. Ein gemütlicher Abend vor dem Fernseher? Selten. In Ruhe essen? Schwierig, denn der Sommerspross hat momentan seine Vorliebe für meinen Teller und mein Glas entdeckt. Das möchte er ausprobieren (ist ja auch richtig so). In Ruhe mit Freundinnen treffen? Das sieht in der Regel so aus, dass eine von uns ihrem Kind hinterrennt, um es vor Dummheiten zu bewahren à la Treppe runterfallen, Steckdose inspizieren, die Katze/den Hund am Schwanz durch das Wohnzimmer ziehen oder auch zu gucken, wie dehnbar die Lefzen des Nachbarhundes sind. Man ruft sich also lediglich ab und zu kurze Sätze zu und ist informiert. Hobbies ausüben? Funktionieren nur, wenn ein Babysitter (am liebsten natürlich der Papa) pünktlich zuhause ist und man entweder in die Probe, zum Sport oder sogar ins Theater gehen kann. Kurze Nächte, weil der kleine Mann weint und mal wieder die Zähne drücken. Nächtliches Rumtragen, damit der Nachwuchs besser schlafen kann oder gar in den Schlaf findet, hatten wir auch wochenlang. Der Haushalt wird zwischen Tür und Angel gemacht, wenn der Sommerspross schläft und man selbst nicht gerade vor Erschöpfung ebenfalls eingeschlafen ist. Erste Wutanfälle müssen mehr oder weniger gekonnt ignoriert oder versorgt werden. Nicht zu vergessen das Zusammentreffen mit anderen Kindern: Ältere haben manchmal die Eigenschaft, aus Jux loszukreischen. Für das sensible Gehör des Kleinen ein Desaster. Also wieder trösten. Oder Kinder, die zwicken oder beißen - alles schon gehabt. Ja, es ist ein Jonglieren mit wenig Schlaf, viel Geduld und täglichen Überlegungen, wie es dem Kleinen nicht langweilig wird. Spielplatz, Treffen mit Altersgenossen, Oma und Opa besuchen. Der tägliche Vitamin D-Bedarf sollte ja nicht unterschätzt werden, also raus an die frische Luft. Wenn ich dann doch mal die Möglichkeit habe, zu lesen, springen mir viele Meldungen rund um Flüchtlinge ins Gesicht. Es sind zuviele, mosern die einen. Wir schaffen das nicht, sagen die anderen. Vor einem Jahr habe ich kartonweise Kleidung zu einer Frau gebracht, die sich um Flüchtlingsfrauen gekümmert hat. Viele der Frauen hatten kleine Kinder dabei, sind wochen- oder monatelang mit ihren Kindern aus Syrien oder anderen Krisengebieten unterwegs gewesen, zu Fuß, mit überfüllten Booten. Unser Sommerpross wiegt mittlerweile gute elf Kilo, mein Rücken dankt es mir jeden Tag. Was müssen diese Frauen gedacht haben, als sie ihre Kinder getragen haben, wenn sie nicht laufen oder vor Erschöpfung nicht mehr laufen konnten? Ein Beispiel einer anderen Frau vergesse ich nie: Sie ist schwanger geflohen, kam in Deutschland an, als sie ungefähr im achten Monat war. Als ich soweit war, mochte ich mich kaum noch bewegen. Die Frau jedoch lief mit schlechtem Schuhwerk aus Angst vor Krieg und Verfolgung viele viele Kilometer. Schwanger! Einen beschwerlichen Weg! Geschlafen hat sie am Wegesrand, in nassen Zelten und in Flüchtlingslagern. Die Furcht trieb sie an. Sie wollte leben und ihrem ungeborenen Kind die Chance bieten, zu leben. Ohne Angst, verfolgt und ermordet zu werden. Wir fahren zweimal pro Woche einkaufen, um den Kühlschrank wieder aufzufüllen. Flüchtlinge müssen täglich darum bangen, Essen zu bekommen, zu finden oder auf hilfsbereite Menschen zu stoßen. Ich habe von Kindern gelesen, die eine Woche lang dieselbe Windel anhatten - weil es keine Windeln gab. Unser Sommerspross schreckt nachts ab und zu hoch, weil er Albträume hat. Vor welchen Albträumen müssen Kinder auf der Flucht beschützt werden? Wie schaffen es ihre Eltern, Trost zu spenden, wenn sie doch selbst oft hoffnungslos sind? Und doch ist es diesen Familien lieber, sich auf eine ungewisse Flucht mit allerlei zu begeben, als täglich im Heimatland mit Terrorismus konfrontiert zu werden. Dagegen sind Zähne wohl ein Kinkerlitzchen.

Mittwoch, 7. September 2016

Bauch, Beine, Nutella

Ein gutes Dreivierteljahr habe ich den Sommerspross zweimal pro Woche in der Babytrage geschunkelt, habe getanzt, den Beckenboden angespannt und mich ein wenig der Vorschwangerschaftsfigur genähert. Aber nicht mein mangelndes Taktgefühl oder die Unfähigkeit zu tanzen (wäre ja naheliegend) haben dem Ganzen ein Ende bereitet, sondern das zunehmende Gewicht des Sommersprosses. Schon mal versucht, gute elf Kilo eine Stunde lang zu tragen und sich dabei zu bewegen? Also hatte die Ära ein Ende. Und ich war wieder in Gefahr, aufgrund von schlaflosen Nächten, bösen Zähnen und daraus folgendem Frustessen (warum hat diese Seite nur das schöne Wort Nutella im Namen...) ein kleines Biotönnchen zu werden. Eine Lösung musste her. Das Gehopse auf dem Feldweg ist ja ganz nett, Buggyschieben und dabei Bewegung haben, Kind ist an der frischen Luft - alles prima. Aber nach sechs Kilometern ist Schicht. Eine überdimensionale Geschwindigkeit erreicht man auch nicht. Zitat eines mitlaufenden Freundes: "Wenn ich gehe, komme ich gut mit euch mit." Aus Frust schmierte ich mir hinterher gleich wieder ein Nutellabrot. Und Pfannkuchen mit Nutella zum Abendessen. Pah! Die Rettung nahte, da mein Schwager mir einen Tipp gab: "Im Fitnessstudio, in dem ich bin, gibt es Kinderbetreuung." Ok, Termin vereinbart und hingefahren. Der Sommerspross wurde während des Gesprächs in der Kinderbetreuung geparkt, um mal zu schnuppern. Während ich mich auf Fragen zu meiner Fitness konzentrierte, hing ich gedanklich die ganze Zeit beim Spross. Ist ja nicht so, dass er sich von den wenigsten Personen sitten lässt. Am liebsten bei Mama auf dem Arm, Papa geht in Härtefällen auch, eventuell noch Oma und Tanten und alles andere ist gerne mal Gebrüll. Beste Voraussetzungen! Aber Bewegung muss sein, zwischen Duplosteinen aufeinander stapeln und Bobbycarfahren muss es doch mal eine Alternative geben. Nein, kein Windelweitwurf. Richtiger Sport, Bewegung. Ohne Kind. Ja, ich bin eine egoistische Ziege. Das gebe ich offen zu. Also ging es los, drei Monate Probetraining im Studio. Jedes Mal, wenn ich das Gebäude betrete, könnte man meinen, ich wolle dort einziehen: Eine Sporttasche mit Handtüchern und Wechselkleidung (DRINGEND notwendig hinterher), Rucksack mit Windeln, Feuchttüchern, Kleenex, Ersatzkleidung, Vesper, Wasserflasche und natürlich meine Handtasche, gefüllt mit den kleinen Dingen des Lebens, die man als Frau so braucht... Während ich mir dann beim Ganzkörpertraining vermutlich jede Fettzelle des Körpers abtrainiere und versuche, ramponierte Körperstellen (Schulter: vom Tragen. Rücken: vom Tragen. Bauch: Nutella lässt grüßen) in Form zu bringen, geht mein Sommerspross spielen. Das ist dann Aufgabenteilung: Wir haben beide auf verschiedene Art und Weise Spaß. Eine Tagesmutter kümmert sich um die Zwerge, geduldig (geduldiger als wir gestressten Muddis) und mit ganz viel Freude. Dazu kommt: Wie alle Eltern wissen, ist das eigene Spielzeug zuhause stinklangweilig. Viel spannender sind die Autos in der Kinderbetreuung. Und man glaubt es kaum, der Sommerspross fühlt sich rundum wohl. Was passiert dort mit meinem Kind? Nach einigen Wochen bringe ich in dort nur noch hin, er wetzt (ok, wackelt mit seinem Pampershintern) los, stürzt sich auf eine Art Elefantenauto, Bobbycar, Matchboxautos und vergisst dabei vollkommen, dass er eigentlich fremdelt und Umgebungen ohne Mama doof sind. Ganz doof. Nochmal eine Runde an die Milchbar? Nein Mama, ich muss jetzt spielen! Sonst holst du mich gleich wieder ab. Während des Trainings schaue ich ab und zu zur Glastür. Sollte der Sommerspross quengeln, werde ich aus dem Kurs geholt. Muss eine Figur aus Pappmaché in Mamaoptik aufgebaut werden? Nein, der Sommerspross, der selten von meiner eite weicht, benimmt sich. Nur kurz fällt es ihm immer ein, dass ich doch noch zu etwas gut bin, wenn ich völlig ausgepowert nach dem Training zu ihm komme. Eine Runde Schmusen, kurz andocken an der Milchbar und weg ist er wieder. Ähm, hallo, Kind??? Wir fahren nach Hause. Fröhlich winkt er mir zu. "Ja, WIR." Er winkt wieder. Ja, Tschüss Mama, ich habe hier Spaß. Es ist nicht so langweilig wie zuhause. Als ich ihn endlich auf dem Arm habe, quasselt er los. Rabbelsabbel, brabbel. Äh ja, er erlebt wirklich viel. Sein Vesper wird jedes Mal geteilt, denn er versteht sich mit einem anderen kleinen Jungen blendend. Sie teilen alles, Träubchen, Melone, Reiswaffeln und selbstverständlich ihre Wasserflaschen. Ich nehme an, dass unser Wasser anders ist als das des anderen kleinen Jungen. Sonst würden sie bestimmt nicht so fröhlich miteinander teilen... Wenn wir dann (beladen mit Kind, Rucksack, Sporttasche und Handtasche) aus dem Studio wieder ausziehen, knickt der kleine Mann auf meinem Arm fast weg. Er scheint auch ausgepowert zu sein. Prima! Nach effektivem Training spüre ich kaum noch meine Beine, schleppe uns beide aber noch zum Auto. Zwei Minuten später pennt ein glücklicher Sommerspross, und ich perfekt trainiertes Wesen fahre nach Hause. Essen! Ich habe mir jetzt was zu Essen verdient. Nein, keine Nutella - erst morgen wieder. Zum Frühstück.

Dienstag, 6. September 2016

Märchenstunde

Es waren einmal mehrere Muddis, die sich zu einem Babypicknick im Schloss trafen. Die dortigen Schlossprinzessinnen mitsamt Schlossbaby hatten zum Gelage mit Muffins, Kuchen, Spaßfreikeksen (ohne Zucker) geladen. Unter den Bäumen auf dem weichen Rasen verlebten die Muddis einen herrlichen Nachmittag. Fröhliches Babyglucksen, rabbelsabbelwindel und Anekdötchen aus dem Muddialltag konnten alle den Tag genießen. Kein Wunder, dass die Schlossprinzessinnen auch im nächsten Jahr wieder einluden. Blitzende und blinkende Stahlkarossen fuhren am Nachmittag in den Schlosshof und entluden ihre herrliche Fracht: putzmuntere kleine Knaben und ein zauberhaft gelocktes Mädchen, die es kaum erwarten konnten, den malerischen Schlosspark zu inspizieren. Schließlich haben die Sprösslinge kaum noch Erinnerungen daran, dass sie bereits vor einem Jahr den Rasen im Schlosspark unsicher gemacht haben. Und was gab es nicht alles zu sehen: Stolze Bauwerke erhoben sich vor den Augen der Knaben und des Mädchens. Bauwerke, wie sie sie (der Begeisterung nach zu urteilen) nur aus Märchenbüchern kennen. Gleich zwei Schaukeln baumelten an einem starken Ast, eine Schaukel für die ganz Kleinen, eine für die, die schon etwas größer waren. Auf einem Tisch wartete ein gar fürstliches Büffet, ja es mutete zum Festbankett an. Gänsewein, Saft gepresst aus Obst und zauberhafte Dinge für die kleinen Bäuche. Die Hofdamen, alias Muddis, waren nicht weniger begeistert. Selbst gebackener Hefezopf, garniert mit Zuckerstreuseln, mächtige Fruchtmuffins mit Schokolade und Kirschen und natürlich lustige gebackene Tierchen aus Spaßfreiteig. Denn in einem guten Märchen gibt es keine Bösewichter wie Zucker. Nach Herzenslust schlugen sich die Knaben und das Mädchen die Bäuche voll. Ihre kleinen Mägen juchzten vor Begeisterung angesichts der köstlichen Spaßfreikekse. Und hatte ein Kind mal einen Keks zuviel in der Hand und wusste gar nicht, wie man den jetzt auch noch essen kann - kein Problem, dafür gibt es ja die Mamis. Denn was eine richtige Hofdamenedelfräuleinmami ist, isst sie die Kekse, die das Kind nicht mehr mag. "So komme ich zu Keksen. Ich sage einfach, der ist für meinen kleinen Prinzen", gibt eine Hofdame ehrlich zu, während ein weiterer Spaßfreikeks in ihrem Bäuchlein verschwindet. Soviel, wie man als Vollzeitmuddi tagsüber rennt und dem Nachwuchs hinterherwetzt, sind ein, zwei, drei, vielleicht auch vier Kekschen ganz schnell wieder abtrainiert. Sollte der gelockte Knabe dann mal Lust auf Hefezopf haben, sind die Vorzeigehofdamenmuddis selbstverständlich auch zur Stelle und knabbern die Zuckerperlen ab. Ich sage ja, in diesem Märchen haben die Kinder gar nichts mit Bösewichtern und traumatischen Erlebnissen zu tun. Doch da, was war da? Mit einem Mal erscholl ein Brummen und Tuckern im Schlosspark. Manni, der Mann für alles im Schloss, hatte sein motorisiertes Stahlross eigens für die Kinder gezähmt und tuckerte mit dem friedlichen Ungetüm alias Trecker über die Wiese. Was für eine Aufregung, was für ein Spaß! Die Knaben und das Mädchen konnten kaum an sich halten vor Begeisterung. Ein echter Trecker! Kein einfaches Plastikteil aus der Spielwarenabteilung, nein, ein wahrhaftiges Ungeheuer, das man sogar anfassen konnte. Vielleicht auch etwas skeptisch, manch ein Kind nur auf dem Arm der Hofdamenmuddi, aber doch wagemutig traute sich dann ein jeder Nachwuchsprinz an das Ungeheuer heran. Wer damit noch nicht genug hatte, wagte sich an die Rutsche heran. Gefühlt 50 Meter ging sie in die Tiefe. War das ein Johlen, ein Kreischen, Freudentaumel, wenn die Kleinen die Rutsche (festgehalten von den starken Hofdamenfräulein) hinuntersausten. Manch eine Muddi sauste schneller den Berg herab, als ihr Kind. Aber das ist eine andere Geschichte und soll ein andermal erzählt werden.
Als krönender Abschluss kam der Hoffotograf, um die Gesellschaft für alle Ewigkeiten festzuhalten. Während der Fotograf den Auslöser betätigte, verkündete der Schlossprinz fröhlich "Mama, Kacka gemacht."
Und wenn sie nicht gestorben sind, picknicken sie noch heute.