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Freitag, 28. Oktober 2016

Ein Boot voller Eltern

Nach 15 Monaten RundUmDieUhrWindelWechselKindBespaßTrösteKümmerMama habe ich etwas herausgefunden: Wir sitzen alle im selben Boot. Am Anfang herrschte das Chaos. Zwischen Windeln wechseln, Kind versorgen, Haushalt schmeißen und abends kurz mit dem besten Papa der Welt den Tag besprechen (und dabei nicht einzuschlafen), stellt sich nach einigen Monaten alles ein. Man braucht nur Geduld. Anfangs stören die kleinen Wollmäuse noch, die sich in den Ecken und unter den Schränken bilden. Zum Saugen kommt man aber nicht. Da hilft zum Glück ab und zu die eigene Mama oder die Schwiegermutter. Wäre noch ein Fünkchen Kreativität da, könnte ich vielleicht noch aus Holzperlen kleine Augen in die Wollmäuschen pieken, aus Filz Ohren basteln und aufkleben - dann würde das Ganze noch unter dem Gesichtspunkt der Künstlerin, die ich leider nicht bin, stehen. Sonist es einfach nur frühelterliches Familienchaos. Aber man lernt, darüber hinwegzusehen. Wäsche wird gewaschen, wenn man das Kind in der Trage hat oder man schmeißt die Wäsche einfach in die Maschine, wenn man im Landeanflug auf die Dusche ist. An alle werdenden Eltern: stellt die Waschmaschine ins Bad. Man kann duschen, gleichzeitig die Wäsche umstecken, aufhängen und wenn man so zwischen Waschmaschine und Wäscheständer hin- und herflitzt, spart man sich das Abtrocknen. Und dadurch auch schon wieder Handtücher, die man ja wieder waschen müsste. Die Wasserflecken auf dem Fußboden trocknen von alleine. Wer sich als Gast daran stört - bitte, tut euch keinen Zwang an. Besonders wichtig für Eltern ist das Essen. Wer nicht schon monatelang die Tiefkühltruhe in weiser Voraussicht gefüllt hat, muss sich nach der Geburt des Kindes entweder vom freundlichen Dönermann gegenüber, Fertigpizza oder dem Bringservice ernähren. An dieser Stelle kommen Familie und Freunde ins Spiel. Kluge Muttis (und Vatis) treffen sich bereits zum Frühstück, überbrücken mit Brötchen das Mittagessen und verabschieden sich erst nach dem Kaffeetrinken wieder. Das funktioniert zumindest, solange der Nachwuchs noch klein ist und überall schläft. Für warmes Essen kommen Freunde mit größeren Kindern (Alltag eingespielt), ohne Kinder oder natürlich die eigenen Eltern ins Spiel. Letztere freuen sich nicht nur, wenn sich das Enkelchen sehen, nein, sie tun auch alles, um die jungen Eltern bei Kräften zu halten. Bei Mama und Papa schmeckt es ja eh immer am besten. So lässt es sich dann doch aushalten. Irgendwann, nach etlichen Monaten, wenn man doch so langsam, aber sicher an ein weiteres Kind denkt und die Schrecken der ersten Wochen verdaut sind, gewinnt man auch den Blick für das Umfeld zurück. Man sieht Freunde, die frisch Eltern geworden sind. Tiefe Schatten liegen unter den Augen der Jungeltern. "Sie ist ein Vampir", erzählt mir eine Freundin. Dauerstillen ist angesagt. Hat man mal eine halbe Stunde Zeit, schmeißt man die Wäsche in die Maschine. Pünktlichkeit bei Terminvereinbarungen? Fehlanzeige - entweder hatte der Nachwuchs noch Hunger oder eine volle Windel oder oder oder. Ich fühle mit und erinnere mich an die ersten Wochen zurück. Durchwachte Nächte, deren Schlaf tagsüber nachgeholt wurde, wenn das Kind schlief. So sind schließlich auch die Wollmäuschen entstanden. Ich sehe meine Freundinnen, wie sie glücklich und stolz sind. Wie sie auch verzweifeln und sich fragen, ob man eigentlich ausgesaugt wird. Ein kleines bisschen ist es für mich auch eine Art der Beruhigung: Es geht uns allen so. Keiner kommt zum putzen, waschen, kochen,... Vor einem Jahr hat mich eine Freundin mit Tipps und vielerlei Hilfestellungen versorgt. Das gebe ich nun weiter, lade zudem zum Essen ein, damit die jungen Eltern nicht verhungern. Wir sitzen schließlich alle im selben Boot.

Dienstag, 4. Oktober 2016

Babysitterblues

Ab und an hat Muddi Ausgang. Wenn der stolze Papa dann nicht dabei ist, da Muddi mit Kind in einer anderen Stadt weilt, sind die dortigen Babysitter gefragt. Derer gibt es genügend, nach einer kurzen Kennenlernrunde, bei der der Sommerspross mit Spielen à la "Wir kochen Kaffee" und Teddybären aus der Kindheit des Sitters seine Berührungsängste verliert, geht Muddi ganz entspannt mit einer anderen Freundin sporteln. Die Zeit des Sitters vergeht wie im Flug. Der Sommerspross wird ganz einfach ins samstägliche Haushaltsgeschehen mit einbezogen. Beim Wäsche waschen ist er ganz vorne mit dabei. Die schlaue Babysitterin hat, um das Kind zu beschäftigen, zweimal den Kurzwaschgang betätigt. So kann der kleine Mann mehrmal Knöpfchen drücken. Als er endlich die Wäsche mitaufhängen darf, schleudert er auch gekonnt Socken, Shirts und Schlüppis über die Wäschespinne. Beziehungsweise versucht es, die nassen Wäschestücke mehr oder weniger professionell irgendwo aufzuhängen, wo sie auch hängen bleiben. Bei einer Körpergröße von knapp 80 Zentimetern und einer Wäschespinnenhöhe von einem Meter und 20 - kann man sich gut vorstellen, wo die Schlüppis und Socken tatsächlich gelandet sind. Aber der Sommerspross ist zufrieden. Mit Feuereifer ist er außerdem beim Blumengießen am Start. Er gießt alles, seine Füße, die Blumen, den Boden, auch wenn kein Wasser mehr in der Kanne ist. Er kichert und lacht so laut, dass es sogar die sportelnde Muddi samt Freundin im nächsten Stadtteil hört. Doch auch Streit zwischen Babysitter und Sommerspross kommt vor. "Ich habe ihm erklärt, dass es nicht so gut ist, wenn man mit dem Schlüssel in der Steckdose rumpopelt", berichtet mir die Babysitterin nachmittags. "Da haben wir uns ein wenig gestritten." Letztendlich musste der Sommerspross aber einsehen, dass er den Berufswunsch Elektriker noch einige Jahre aufschieben muss. Als der Sommerspross müde wird, kuschelt sich die Babysitterin mit ihm samt einiger digitaler Schlümpfe auf die Couch und schwupps, ist das Kind eingeschlafen. "Psst, das Kind schläft", bekommt Muddi zu hören als sie mit einstündiger Verspätung abgehetzt und mit schlechtem Gewissen endlich eintrifft. Da der ganze Spaß so gut lief, geht Muddi am darauffolgenden Tag nochmal auf die sportliche Piste und startet mit ihrer Grundschulfreundin beim Lauf. Die Babysitterin macht sich dann mitsamt Sommerspross auf, um die Sportskanonen anzufeuern. Der kleine Mann macht tapfer mit, er matscht Brezel, füttert damit seine Babysitterin, klaut anderen Kindern auf den Spielplatz den Bagger und freut sich wie blöd, als Muddi wieder da ist. Auch die Babysitterin ist zufrieden. Ihre wichtigste Erkenntnis der beiden Tage: 15 Anrufe in Abwesenheit, 20 ungelesene Nachrichten - sie wird nie wieder auf Muddis schimpfen, die nicht erreichbar sind. Denn zwischen Windeln wechseln, duschen mit Kind, Katze vor Kind beschützen, Muddi anfeuern und Buggy schieben auch noch ein Handy bedienen? Unmöglich! Und der Sommerspross? Der vermisst seine Babysitterin ...